Die vom 30. Oktober bis zum 6. November 1985 durchgeführte Mission STS-61A war eine der ersten Space-Shuttle-Flüge, bei der sich die europäischen Raumfahrtwissenschaftler beteiligten und ist damit die Sternstunde der europäischen bemannten Raumfahrt. Die drei Astronauten und Nutzlastspezialisten Wubbo Ockels (ESA/NL), Reinhard Furrer (D) und Ernst Messerschmid (D) führten an Bord der Challenger zusammen mit ihren 5 Kollegen von der NASA wissenschaftliche Experimente in der Umlaufbahn der Erde durch. Acht Personen waren somit an Bord des Space-Shuttles. Dies ist bis heute ein ungebrochener Rekord.
Das Spacelab wurde von der ESA entwickelt und kam an Bord der Challenger zum vierten Male zum Einsatz. Dabei wurde der Betrieb des Labors zum ersten Mal von einem Raumfahrtkontrollzentrum überwacht und kontrolliert, das sich außerhalb der USA befindet.
Verantwortlich für die Spacelab-D1 Mission war die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) – heute das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Das German Space Operations Center (GSOC) in Oberpfaffenhofen bei München diente als Kontrollzentrum; von hier aus wurde die D1-Mission überwacht und gesteuert.
Wubbo Ockels war der zweite ESA-Astronaut (nach Ulf Merbold) im Weltall und gleichzeitig der erste Niederländer im All. Einige Monate zuvor umflog bereits Lodewijk van den Berg die Erde, der gebürtiger Niederländer ist. Allerdings hatte er zu diesem schon Zeitpunkt amerikanische Staatsbürgerschaft. Reinhard Furrer und Ernst Messerschmid sind der dritte und vierte deutsche Raumfahrer, die sich glücklich schätzen durften, auf einer Weltallmission teilzunehmen. Die ersten beiden deutschen Raumfahrer im Weltall waren Sigmund Jähn und Ulf Merbold. Als weitere Crew-Mitglieder wurde die Mission von Kommandant Henry Hartsfield, Pilot Steven Nagel und den Missionsspezialisten Bonnie Dunbar, James Buchli und Guion Bluford von der NASA begleitet.
Die Mission bestand aus 75 Experimenten, die die Bereiche Physiologie, Biologie, Navigation und Materialwissenschaften abdeckte. Während dieser Zeit umrundete die Challenger 110 Mal die Erde und kehrte nach 168 Stunden in der Schwerelosigkeit des Weltalls mit ihrer Crew zurück zur Erde.
Die ESA wählte im Jahr 1978 für die Spacelab-Missionen Wubbo Ockels zusammen mit Ulf Merbold (D) und Claude Nicollier (CH) aus, die im Mai 1980 das Basistraining für die Ausbildung zum Space-Shuttle-Missionsspezialisten durchlaufen sollten. Das Training fand am Johnson Space Center (NASA) in Houston/Texas, statt. 15 Monate später wurde Ockels als Backup-Nutzlastspezialist für diese erste ESA-Spacelab-Mission ausgewählt und unterstützte die Besatzung von STS-9/Spacelab-1 im Jahr 1983 von der Bodenkontrollstation aus. Nach Abschluss der D1-Mission leitete er das Bildungsbüro am Europäischen Weltraumtechnologie-Zentrum ESTEC in Noordwijk (NL) und verließt 2003 die ESA. Im Anschluss forschte er an der Universität Delft über die Nutzung von alternativen Energiequellen.
Bei demselben Auswahlverfahren für die Spacelab-Missionen der ESA nahm auch Ernst Messerschmid teil, ebenfalls wie Ockels Physiker. Er konnte sich jedoch nicht gegen seine Mitnominierten durchsetzen. Er arbeitete stattdessen am DFVLR in Oberpfaffenhofen und forschte an Problemen der Satellitenkommunikation. Bei der Ausschreibung des DFVLR eines Astronauten für eine deutsche Spacelab-Mission bewarb sich Messerschmid nochmals und wurde diesmal ausgewählt. 1983 durchlief er die Grundausbildung zum Nutzlastspezialist für die D1-Mission, die zwei Jahre dauerte. Nach Abschluss der Mission wurde er – inzwischen zum Professor berufen – Direktor am Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) an der Universität Stuttgart. Vier Jahre lang (2000-2004) war er Leiter des ESA-Astronautenzentrum in Köln. Seither ist er unter anderem im Lenkungsausschuss des Innovationsrates in Baden-Württemberg beschäftigt.
Reinhard Furrer hatte ebenfalls 1983 das Glück, für die Spacelab-D1-Mission ausgewählt zu werden. Der gebürtige Österreicher absolvierte sein Physikstudium an der Universität Kiel und der Freien Universität Berlin, wo er 1972 promovierte. Zwei Jahre später wechselte er an die Universität Stuttgart, wo er zunächst als Assistenzprofessor angestellt war und 1979 habilitierte. An der Universität von Chicago und dem Argonne National Laboratory arbeitete er von 1980 bis 1981. Nach Ende der Raumfahrtmission kehrte er an die Freie Universität Berlin zurück und übernahm das Direktorat des Instituts für Weltraumwissenschaften. Privat begeisterte ihn die Sportfliegerei. 1974 bestand er seinen Pilotenschein und flog seither vor allem einmotorige Sportflugzeuge. 1995 kam er jedoch bei einer Flugshow auf dem Berliner Flugplatz Johannisthal ums Leben.
Mit der Spacelab-Mission D1 kam der Stein der bemannten Raumfahrt in Europa ins Rollen und setzte die Weichen für weitere Missionen und Forschungen, wie sie heute auf der ISS (International Space Station) intensiv und auf hohem Niveau durchgeführt werden. Die drei Astronauten Ockels, Furrer und Messerschmid haben hier einen wichtigen Beitrag geleistet und gehen sicherlich als Pioniere der europäischen bemannten Raumfahrt in die Geschichte ein.