Die Explosion am 20. April 2010 auf der Explorations-Ölbohrplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko und deren Folgen haben sich zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt zugetragen – nämlich während der Laichzeit des roten Thunfisches. Mit Satelliten wird nun beobachtet, in welchem Ausmaß das Laichgebiet betroffen ist und was das letzten Endes für die dortige Population bedeutet.
Jedes Jahr sucht der atlantische rote Thun, der die Größe eines Kleinwagens erreichen kann, zwischen Januar und Juni seine Laichgebiete im Golf von Mexico auf. Im April und Mai findet die Hauptlaichzeit statt – genau in der Zeit, als in diesem Jahr nach der Explosion der „Deepwater Horizon“-Ölbohranlage mehr als 10 Millionen Liter Öl pro Tag in den Golf von Mexico stömten.
Der rote Thun ist ein wertvoller Fisch für den Handel und ein Zusammenbruch der Population wäre fatal für den Markt und letztlich auch für den Bestand der gesamten Art, die sowieso schon gefährdet ist, da die Laichbestände in den letzten drei Jahrzehnten um über 80 % gesunden sind. Der Fisch laicht im Oberflächenwasser. Hier entlassen die Weibchen ihre Eier ins Wasser, wo sie kurz darauf von den Männchen besamt werden. Im Oberflächenwasser befindet sich jedoch auch das Öl, welches dadurch eine Gefahr für sowohl Eier, Larven und auch die adulten Tiere darstellt.
Die Hauptlaichgebiete im Golf befinden sich im Nordwesten und Nordosten und liegen damit teilweise im Gebiet, das mit dem Öl verseucht ist.
Damit die Laichgebiete geschützt werden können, will die „Ocean Foundation“ herausfinden, welche Lebensräume des Golfes vorwiegend von der Katastrophe betroffen wären. Die „Ocean Foundation“ ist eine Organisation, die sich für den Schutz der Ozeane einsetzt.
Um die Ausmaße des Ölteppichs sowie die betroffenen Laichgebiete des Thuns festzustellen, benötigt man die Hilfe von Satelliten. Dafür werden Radardaten des Envisat-Satelliten der ESA und anderer Satelliten in eine Karte übertragen, die wöchentlich die Lage, Form und Dimension des Ölteppichs dokumentieren.
Dabei messen die Radaraltimeter auf dem Envisat- und Jason-Satelliten die Temperaturen auf der Wasseroberfläche, die kombiniert werden mit den Farbinformationen, die ebenfalls vom Envisat und Aqua-Satelliten stammen.
Wenn man die Karten des „Laichgebietindexes“ und des Ölteppichs übereinanderlegt, kann man erkennen, wo sich die beiden Gebiete zwischen April und August überschnitten und wie oft das passierte.
Sind die Larven des Thuns geschlüpft, suchen sie nahe der Wasseroberfläche nach Futter. Ist nun Öl in diesen Gebieten vorhanden, verenden die jungen Fische. Diese Gebiete deckten sich am Ende der Laichzeit mit dem Gebiet des Ölteppichs, wodurch die Wissenschaftler nachweisen konnten, dass durch die Ölkatastrophe mehr als 20 % der Thunfisch-Larven getötet wurden. Satellitenbilder zeigten, dass das westliche Laichgebiet nicht durch die Ölverschmutzung betroffen war.
Insgesamt waren während der knapp zwei Monate bis das Leck am 15. Juli geschlossen war, 750 Millionen Liter Rohöl in den Golf von Mexiko gestömt.
Satellitendaten waren bei der Untersuchung, welche Ausmaße die Katastrophe hat, ein wertvolles Hilfsmittel. Schon wenige Tage nach dem Unglück an Bord der „Deepwater Horizon“ konnte das Gebiet überwacht und anhand der Satellitendaten die Arbeit der US-Behörden und Aufräum-Teams vor Ort unterstützt werden.
Im weiteren Verlauf liefern die Satellitendaten den Wissenschaftlern wichtige Informationen zu weiteren Gebieten, die in nächster Zeit vom Ölteppich erreicht werden könnten. Denn auch Brutgebiete anderer Tiere sind gefährdet, wie z.B. die Nistgebiete von Seeschildkröten an den Küsten des Golfes. Mit Hilfe der ESA-Daten können diese Gebiete identifiziert und mit geeigneten Maßnahmen präventiv geschützt werden.
In Zukunft werden bei solchen und ähnlichen Katastrophen sicherlich vermehrt Satelliten eingesetzt werden, um rechtzeitig die richtigen Maßnahmen ergreifen zu können und damit die schlimmsten ökologischen Folgen auf ein Minimum zu reduzieren.