Der ESA-Umweltsatellit Envisat hat über dem euro-atlantischen Sektor der Nordhalbkugel so niedrige Ozonkonzentrationen wie nie zuvor gemessen. Ursache hierfür ist die außergewöhnlich starke zirkumpolare Luftströmung, die die Atmosphäre über dem Nordpol einschloss und so eine Vermischung mit Luft aus den gemäßigten Breitengraden verhinderte.
Die daraus folgende schrittweise Abkühlung sorgte für extrem niedrige Temperaturen, die normalerweise nur über der Antarktis vorherrschen. Die Sonneneinstrahlung im März löste Chlor- und Bromatome aus den Flourchlorkohlenwasserstoffen, die sich in diesen Luftmassen befinden. Diese gelten als äußerst ozonschädigend, da sie Ozon (O3) in einzelne Sauerstoffmoleküle aufspalten. Die schützende Ozonschicht wird dadurch zerstört und gefährliche Strahlung aus dem Weltall kann nahezu ungehindert in die Atmosphäre der Erde eindringen. Diese ultraviolette Strahlung hat negative Auswirkungen auf die Meereslebewesen (Pflanzen und Tiere) und steigert beim Menschen das Hautkrebs-Risiko.
Die Temperaturen im Winterhalbjahr in der arktischen Stratosphäre schwanken sehr stark. Im letzten Jahr wurden vergleichsweise hohe Temperaturen und Ozonwerte gemessen, während Ende der 1990er Jahre ungewöhnlich niedrige Temperaturen über dem Nordpol verzeichnet wurden. Wissenschaftler versuchen zur Zeit herauszufinden, warum die Winter der Arktis in diesem Jahr und Ende der 90er so außergewöhnlich kalt waren. Möglicherweise könnten diese Ereignisse mit dem weltweiten Klimawandel zusammenhängen. Genauere Analysen und statistische Berechnungen sollen dies klären.
Es gibt zwei mögliche Szenarien, die Wissenschaftler prognostizieren und die sich möglicherweise gegenseitig aufheben könnten. Das Erste geht davon aus, dass in den kommenden Jahren die Stratosphärentemperaturen im Mittel sinken werden, wodurch der chemische Abbau der Ozonschicht verstärkt würde. Das Zweite ist die Annahme, dass die Stratosphärenwinde in Zukunft stärker werden. Hierdurch wird Ozon aus den Tropen in die gemäßigten und arktischen Breiten transportiert, was den Ozonabbau verlangsamen würde. Um endgültig definitive Aussagen über die Entwicklung der Ozonschicht machen zu können, sind weitere Daten und Messungen von Satelliten nötig anhand derer neue Ozon-Prognosemodelle erstellt werden können. Die Daten werden von der ESA-Initiative zur Überwachung des Klimawandels (CCI) bereitgestellt.
Trotz des Verbotes von FCKW (Treibhausgase) in Spraydosen und Kühlmitteln sind diese in der Atmosphäre enthalten. Glücklicherweise nimmt ihre Konzentration jedoch langsam ab. Dennoch werden künftige besonders kalte Winter in der Arktis einen weiteren Abbau der Ozonschicht und damit eine Vergrößerung des Ozonlochs verursachen.