In den letzten zwei Jahren umkreiste der ESA-Satellit GOCE um die Erde mit der Aufgabe, Daten zu sammeln, die für die Bestimmung deren Schwerefelds nötig sind. Innerhalb dieser Zeit hat er ausreichend Daten zusammengetragen, um die Berechnungen für das bisher präziseste Modell des Schwerefelds der Erde möglich zu machen. Mit dieser neuen, exakten Darstellung des Geoids ist es nun möglich, die Erde und ihre Funktionsweise so gut zu verstehen, wie noch nie zuvor.
Das GOCE befindet sich seit März 2009 in einer Umlaufbahn um die Erde und sammelt seit etwas mehr als einem Jahr Daten über das Schwerefeld der Erde. Durch die geringe Sonnenaktivität zu Beginn der Mission war GOCE in der Lage, in einer niedrigen Umlaufbahn zu bleiben und konnte sechs Wochen früher mit den Messungen beginnen als ursprünglich geplant war. Es ist die bisher niedrigste Umlaufbahn, die je ein Satellit der Erde besetzt hat. Die Messdaten über das Schwerefeld sind somit extrem genau. Durch diese günstigen Voraussetzungen werden die Messungen noch bis Ende 2012 durchgeführt werden können, da noch ausreichend Treibstoff vorhanden ist. Der Zeitraum für die Mission ist dadurch doppelt so lang und durch die weiteren Messdaten wird das Geoid am Ende noch viel präziser sein.
Der Satellit hat einige hoch moderne, innovative technische Geräte an Bord, wie zum Beispiel den Gradiometer, der mit sechs hochsensiblen 3D-Beschleunigungsmessern ausgestattet ist. GOCE wiegt gerade mal eine Tonne und hat eine sehr schlanke Silhouette, was für den Erfolg der gesamten Mission von Vorteil ist. Ein weiterer Pluspunkt ist das innovative Ionentriebwerk, mit dem GOCE ausgestattet ist. Dieses ist in der Lage, den atmosphärischen Widerstand auszugleichen. Der Satellit und die Mission wird vom ESA-Satelllitenzentrum in Darmstadt gesteuert.
Am 31. März 2011 wurde der neue Geoid im Rahmen des 4. internationalen GOCE-Nutzer-Workshops an der Technischen Universität München vorgestellt. Sowohl Wissenschaftler wie auch Vertreter der Medien hatten hier die Möglichkeit, sich mit dem neuen Modell des Erdschwerefeldes vertraut zu machen und sich über die Funktionsweise des GOCE zu informieren.
Das Modell des Geoids zeigt die theoretische Oberfläche eines globalen Ozeans der alleine durch die Schwerkraft geformt wird. Gezeiten und Strömungen werden hierbei nicht berücksichtigt. Mit Hilfe dieses Modells können Meeresströmungen, Meeresspiegeländerungen und Eisbewegungen präziser und effizienter bestimmt werden. Diese Ereignisse werden durch den Klimawandel beeinflusst. Mit dem konstanten Datenfluss, der vom GOCE kommt, kann in den nächsten Monaten so der Einfluss des Klimawandels auf das Schwerefeld der Erde noch viel genauer analysiert und das Modell weiter verbessert werden.
Besonders geeignet ist das Geoid, um die Dynamik der Weltmeere besser verstehen zu können. Dieses Modell kann nun unter Zunahme der GOCE-Daten für die Entwicklung von Anwendungen hilfreich sein. Das GOCE wird in Zukunft dynamische Topografie- und Ströumungsmuster der Meere bereitstellen, die von bisher nie dagewesener Qualität sein werden.
Im Rahmen des Workshops lernten Wissenschaftler Einzelheiten über die Datenprodukte und Leistungen des Satelliten kennen und informierten sich über Nutzerdienste. Des weiteren wurde darüber diskutiert, wie das neue Geoid für das Verständnis der inneren Erdstrukturen eingesetzt werden und bei Klimastudien hilfreich sein kann.
Ein weiterer Einsatzort der GOCE-Daten ist, das Wissen über die Entstehung von Erdbeben zu erweitern. Erdbeben, wie das aktuell in allen Medien kursierende Ereignis in Japan, können mit Hilfe dieser Daten in Zukunft besser verstanden werden. Erdbeben dieser Art, die durch die Verschiebung von tektonischen Platten unter dem Meeresboden ausgelöst werden, hinterlassen in den Messungen des Schwerefelds markante Spuren. Diese geben Aufschluss darüber, wie Vorgänge ablaufen, die zu solcher Art Naturkatastrophen führen.